Rückblende


Die Digitalisierung hat die Produktion, die Projektion und die Formen der Rezeption von bewegten Bildern heute, 120 Jahre nach den ersten öffentlichen Filmvorführungen grundlegend verändert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden die ersten Wanderkinos, Lichtspieltheater, Ladenkinos, später die Filmpaläste. In den 1920er Jahren gründeten die Filmemacherin und Kinobetreiberin Luise Veltée Kolm mit ihren beiden Ehe -Männern Jakob Fleck und Anton Kolm die „VITA Studios“ (WIEN-Film) am Rosenhügel, der Kinopionier Graf Alexander Kolowrat gründete die „Sascha-Film“ und das „Sascha Atelier“ in Sievering. Diese beiden Studios schufen die Grundbedingung für die erfolgreiche österreichischen Filmindustrie der Stummfilmzeit. Zu den großen Studio-Filmprojekten zählten u.a. Sodom und Gomorrha" (1922) und "Die Sklavenkönigin" (1924) unter der Regie von Michael Kertesz.

Die Konzentration der Filmszene in Wien auf den Bezirk Neubau hat sich bis heute gehalten. Die Gegend um die Neubaugasse war und ist das Filmviertel von Wien. Einige Filmschaffende emigrierten bereits in den 1920er und 1930er Jahren aus Wien nach Berlin oder nach Hollywood sowie Fritz Lang, 1933. Viele von ihnen wurden 1938 als Juden verfolgt, vertrieben und ihres Vermögens beraubt ( u.a. Otto Preminger, Josef von Sternberg, Billy Wilder, Fred Zinnemann). Mit dem Tonfilm etablierte sich während der 1930erJahre der populäre „Wiener Musik Film“. Während 1938 und 1945 wurde die „Wien Film“ durch die Reichsfilmkammer in ein Propagandainstrument der nationalsozialistischen Unterhaltungsindustrie umgewandelt. Nach einer Phase der Produktion massenhafter Revue- Heimat- und Monarchiefilme, die die postfaschistische Filmkultur in Österreich dominierten und denen nur ein kleines Segment cineastischer Avantgarde gegenüberstand, lag die Österreichische Filmindustrie und Filmkultur spätestens seit den 1960er Jahren gänzlich danieder. Der ORF (Österreichischer Rundfunk) wurde dadurch in den 1970er Jahren der wichtigste Filmproduzent des Landes und realisierte die ersten Filme jener Generation von Regisseur_innen, die ab den 1980er Jahren neuerlich österreichische Film- und Videokunstgeschichte schreiben sollten: Michael Haneke, Valie Export, Peter Patzak, Franz Novotny u.v.a. 1981 schuf das Österreichische Filmförderungsgesetz endlich den Rahmen für neue Förderstrukturen insbesondere des künstlerischen Filmschaffens in Österreich. (Neufassung 2005) Spätestens mit der Nominierung von Barbara Alberts „Nordrand“ für die Filmfestspiele in Venedig im Jahr 1999 ist ein Trend zur Internationalisierung und Spezialisierung vieler österreichischer Filme auf Dramen und Dokumentarfilme mit gesellschaftspolitischem Anspruch festzustellen. Während der letzten zwanzig Jahre stiegen die Fördergelder, die Gründung vieler kleiner, unabhängiger Produktionsfirmen ermöglichten und befördern Kreativität, die internationale Präsenz österreichischer Filme dauert bis heute an. Deren kommerzielle Erfolg an den Kinokassen aber bleibt weiterhin überschaubar. Es sind in erster Linie Komödien, häufig mit Kabarettstars in den Titelrollen wie „Hinterholz 8“ (1998) in der Regie von Harald Sicheritz mit Roland Düringer oder „Das ewige Leben“ (2015) von Wolfgang Murnberger mit Josef Hader, die beim österreichischen Kinopublikum der letzten Jahre angekommen sind. 

Seit den 1960er Jahren setzte in der Tradition aktionistischer und konzeptueller Kunst in Österreich auch eine intensive Beschäftigung mit der damals neuen Technologie Video ein. Der Körper fungierte als Schnittstelle der neuen Medienkonstellation. Raum, Bild und Material wurden insbesondere durch feministische Künstler_innnen wie Valie Export und Friederike Petzold neu definiert. „Audiovisuelle Botschaften“ war das Thema der Dreiländer-Biennale „Trigon“ 1973 in Graz, das erste „Ars Electonica Festival“ 1979 in Linz etablierte die neue Verbindung von Technologie Video-Kunst und Theorie. Der 1979 in Linz von Aktivist_innen gegründete Kulturverein „Stadtwerkstatt“ experimentierte künstlerisch mit dem Medium Fernsehen. Alternative Produktions- und Distributionsmöglichkeiten wurden ausgelotet. 1978 gründete ein Künstler_innenkollektiv die „Medienwerkstatt Wien“ als nicht-kommerzielles Videostudio. Die Medienwerkstatt war in den 1980er Jahren der zentrale Ort für unabhängiges, künstlerisches Medienschaffen in Österreich. Seit Herbst 2005 gibt es mit OKTO einen unabhängigen, großteils von der Stadt Wien geförderten Fernsehkanal, der wichtige Filmvermittlungsarbeit leistet. Seit 2011 fungiert der dritte Sender des ORF als Bühne und neben ORFII als potentieller Vermittler und Agent des Filmschaffens in Österreich.