Leistungsstörungen

Man unterscheidet vier Arten von Leistungsstörungen. Das Unmöglichwerden, den Verzug, die mangelhafte Leistung und die (positive) Vertragsverletzung.

Das Unmöglichwerden der Leistung

Das Unmöglichwerden der Leistung tritt auf, wenn die vertraglich vereinbarte Leistung unmöglich geworden ist. Zum Beispiel kann dies der Fall sein, wenn das Objekt, das zu renovieren war, bei einem Brand zerstört wurde oder ein Künstler wegen eines versäumten Fluges seinen Auftritt verpasst. 

Welche Folgen die Unmöglichkeit der Leistung hat, kommt darauf an, ob eine Vertragspartei ein Verschulden trifft. Bei Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann eine Schadenersatzpflicht bestehen.


Wird die Vertragserfüllung unmöglich, und hat der Auftraggeber oder die Auftraggeberin die Unmöglichkeit zu vertreten, muss das vereinbarte Entgelt trotzdem bezahlt werden.

Eine Künstlerin versäumt ihren Flug und kann daher den vereinbarten Auftritt nicht wahrnehmen, weil sie zu spät von zuhause weggefahren ist. Sie ist dafür verantwortlich und wird dem Veranstalter gegenüber schadenersatzpflichtig. 

Versäumt sie jedoch ihren Auftritt, weil der Flug ausgefallen ist, hat sie das Unmöglichwerden nicht verschuldet, und wird nicht schadenersatzpflichtig (zufälliges Unmöglichwerden).


Ein Schauspieler hat einen Vertrag mit einem Theater abgeschlossen, um in einer Aufführung mitzuspielen. Der Schauspieler hat sich vertraglich verpflichtet, zu den Proben und zur Aufführung zu erscheinen. Der Gläubiger, in diesem Fall das Theater, hat jedoch vergessen, den Schauspieler über eine wichtige Änderung im Spielplan zu informieren. Der Schauspieler kommt zur ursprünglich vereinbarten Zeit zum Theater, aber das Theater teilt ihm mit, dass die Aufführung aufgrund der Änderung des Spielplans an einem anderen Tag stattfindet. Der Schauspieler ist jedoch an diesem Tag bereits verpflichtet, in einer anderen Produktion mitzuspielen und kann daher nicht an der Aufführung teilnehmen.

Höhere Gewalt

Höhere Gewalt bezeichnet außergewöhnliche Ereignisse oder Umstände, die außerhalb des Einflussbereichs der betroffenen Parteien liegen und die die Erfüllung einer vertraglichen Pflicht unmöglich machen. Hier sind einige Beispiele für Gründe für höhere Gewalt:

  1. Naturkatastrophen wie Stürme, Überschwemmungen oder Erdbeben
  2. Krieg, Terrorismus und innere Unruhen
  3. Streiks, Aussperrungen und andere Arbeitskämpfe
  4. Pandemien oder Epidemien
  5. Rechtliche Verbote wie z.B. behördliche Schließungen, Ausgangssperren oder Versammlungsverbote
  6. Technische Störungen wie Blackouts, Serverausfälle oder Ausfälle von Verkehrsmitteln
  7. Verkehrsstörungen, wie z.B. Zugausfälle oder Flugannullierungen aufgrund von Wetterbedingungen.

In der Regel müssen die Gründe für höhere Gewalt unvorhersehbar, unvermeidbar und unverschuldet sein, um als solche anerkannt zu werden. In vielen Verträgen wird auch eine genaue Definition von höherer Gewalt aufgeführt, um mögliche Missverständnisse zu vermeiden.

Die Rechtsfolgen von höherer Gewalt hängen von den vertraglichen Vereinbarungen und den Umständen des Einzelfalls ab. Im Allgemeinen gibt es jedoch zwei mögliche Rechtsfolgen:

1.     Befreiung von der Leistungspflicht: Wenn höhere Gewalt vorliegt, ist der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit. Die Parteien sind dann von ihren Vertragspflichten entbunden und müssen keine Schadensersatzansprüche oder Strafen erfüllen. Der Vertrag wird also aufgelöst, sofern die höhere Gewalt die Erfüllung des Vertrages unmöglich macht. Wenn die höhere Gewalt nur vorübergehend ist, kann die Leistungspflicht ausgesetzt werden, bis die Umstände sich ändern.

2.     Anpassung des Vertrags: In manchen Fällen kann es möglich sein, den Vertrag anzupassen, um den Umständen der höheren Gewalt Rechnung zu tragen. Zum Beispiel können die Parteien eine Verlängerung der Leistungsfrist vereinbaren, um dem Schuldner mehr Zeit zu geben, die Leistung zu erbringen. Auch die Anpassung der vereinbarten Vergütung oder die Änderung des Lieferorts können in Betracht gezogen werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass höhere Gewalt eine Ausnahme von der normalen Leistungspflicht darstellt und dass die betroffenen Parteien in der Regel nicht für die Schäden oder Verluste haften, die durch höhere Gewalt verursacht werden. Es ist jedoch ratsam, in den Verträgen klare Regelungen zu treffen, um mögliche Konflikte zu vermeiden. Werden keine klaren Regelungen im Vertrag getroffen, gelten die gesetzlichen Regelungen. Das bedeutet, das der Vertrag „zerfällt“ und beide Vertragsparteien von der Leistungspflicht befreit werden.

Mögliche Covid-19 Klauseln

1.     "Sollte eine der Parteien aufgrund von Covid-19 oder ähnlichen Epidemien oder Pandemien verhindert sein, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, so wird die Partei davon unverzüglich die andere Partei in Kenntnis setzen und sich umgehend bemühen, alternative Maßnahmen zu ergreifen, um die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Sollte dies nicht möglich sein, ist die Partei von der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen für die Dauer der Behinderung befreit."

2.     "Im Falle einer Absage einer Veranstaltung aufgrund behördlicher Maßnahmen betreffend Covid-19 oder ähnlichen Epidemien oder Pandemien ist der Veranstalter berechtigt, die Veranstaltung zu verschieben oder abzusagen. In diesem Fall sind die Mitwirkenden verpflichtet, eine Verschiebung zu akzeptieren und werden sich tunlichst bemühen, eine Ersatztermin zu vereinbaren. Der Veranstalter haftet nicht für Folgeschäden, die den Mitwirkenden oder Dritten durch die Verschiebung oder Absage entstehen."

3.     "Diese Vereinbarung wird unter dem Vorbehalt abgeschlossen, dass Covid-19 oder ähnliche Epidemien oder Pandemien die vertragliche Leistungserbringung wesentlich beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Sollte dies eintreten, wird diese Vereinbarung von beiden Parteien für die Dauer der Behinderung suspendiert und die vertraglichen Verpflichtungen werden ausgesetzt. Sobald die Behinderung beseitigt ist, werden beide Parteien die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen wiederaufnehmen."

Da die Regeln der höheren Gewalt nur gelten, wenn es sich um ein unvorhersehbares Ereignis handelt, ist es fraglich, welche Regelungen zum Tragen kommen, wenn der Vertrag bereits bei Kenntnis einer allfälligen Gefährdung des Vertrages zum Tragen kommen. Es wird jeweils im Einzelfall zu beurteilen sein, ob eine Unmöglichkeit vorhersehbar war oder nicht.

Daher empfiehlt es sich, im Vertrag für solche Fälle klare Regelungen zu vereinbaren. Beispielsweise kann das konkrete Ereignis als ein Ereignis definiert werden, das nicht als höhere Gewalt gilt. Auch eine Abschlagszahlung kann vereinbart werden. Eine Staffelung der Abschlagszahlung je nachdem, wann genau die Absage erfolgte, ist ebenfalls möglich. Beispielsweise 10% Abschlagszahlung bei einer Absage acht Wochen vor Leistungsdatum, 25% bei Absage 4 Wochen vorher und 40 % Abschlagszahlung für Absagen danach.

Verzug

Verzug bedeutet, dass eine Leistung grundsätzlich noch möglich ist, aber die vereinbarte Leistung nicht zur vereinbarten Zeit, am vereinbarten Ort oder in der vereinbarten Weise erbracht wird.

Schuldnerverzug

Wenn der Schuldnerin oder der Schuldner in Verzug gerät, hat die Gläubigerin oder der Gläubiger ein Wahlrecht. Er oder sie kann vom Vertrag zurücktreten, oder eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und weiter auf die Vertragserfüllung bestehen.

Liegt ein Verschulden vor (Fahrlässigkeit oder Vorsatz) kann überdies eine Schadenersatzpflicht bestehen.

Ein Maler hat einen Vertrag mit einer Kundin abgeschlossen, um ein Bild zu malen. Der Maler hat sich vertraglich verpflichtet, das Bild innerhalb von zwei Wochen fertigzustellen. Die Kundin hat dem eine Anzahlung geleistet. Nach zwei Wochen fragt die Kundin den Maler, ob das Bild fertig ist. Der Maler sagt, dass er noch nicht begonnen hat, da er andere Aufträge hatte. Nun kann die Kundin entweder vom Vertrag zurücktreten und die Anzahlung zurückverlangen, oder dem Maler eine Nachfrist setzen.

Gläubigerverzug (Annahmeverzug)

Gläubigerverzug nennt man, wenn die Gläubigerin oder der Gläubiger die vereinbarte Leistung nicht annimmt.

In der Regel löst der Gläubigerverzug keine Rechtsfolgen aus, weil die Gläubigerin oder der Gläubiger nur ein Recht auf die Sache hat. Das vereinbarte Entgelt muss jedenfalls bezahlt werden, wenn die Leistung vertragsgemäß erfolgt.

Gerade im künstlerischen Bereich gibt es hier jedoch Abweichungen und zwar dann, wenn die Künstlerin oder der Künstler ein (bei Vertragsabschluss) erkennbares Interesse an der Annahme der Leistung hat. Hier gelten dann für die Gläubigerin bzw. den Gläubiger die Regeln des Schuldnerverzugs.

Eine Band spielt eine Tour in Deutschland. Die Band hat ein erkennbares Interesse daran, die Auftritte zu absolvieren, das über die reine Zahlung der Gage hinausgeht. Immerhin wollen zahlreiche Fans zu den Konzerten kommen. Wenn ein Konzertveranstalter nun ein Konzert absagt, jedoch die vereinbarte Gage bezahlt, kann die Band gegebenenfalls weitere Schadenersatzansprüche geltend machen.

Gewährleistung

Bei entgeltlichen Verträgen trifft denjenigen, der die Leistung erbringt, eine Haftung. Diese nennt sich Gewährleistung. Die Leistungserbringerin oder der Leistungserbringer haftet dafür, dass die Leistung bzw. die Ware mängelfrei erbracht wird. Das gilt sowohl für Sachmängel, als auch für Rechtsmängel.

Ein Sachmangel liegt vor, wenn die gelieferte Ware fehlerhaft, beschädigt oder unvollständig ist, oder die Leistung nicht vereinbarungsgemäß erbracht wurde.

Ein Sachmangel kann beispielsweise auftreten, wenn ein geliefertes Kunst- oder Kulturgut beschädigt oder unvollständig ist. Zum Beispiel könnte ein Gemälde Risse oder Flecken aufweisen oder eine Skulptur beschädigte Teile haben. Ein Sachmangel kann auch vorliegen, wenn die Qualität oder die Leistung der Kunst oder des kulturellen Guts nicht den zugesicherten Eigenschaften entspricht. In diesem Fall ist das Kunstwerk oder das kulturelle Gut mangelhaft, weil es nicht den erwarteten Zustand oder die erwartete Qualität aufweist.

 

Ein Rechtsmangel hingegen liegt vor, wenn die Ware oder Leistung nicht frei von Rechtsmängeln ist. Das bedeutet, dass es beispielsweise gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt oder gegen Dritte gerichtliche Ansprüche bestehen, die das Eigentum oder den Besitz der Ware beeinträchtigen können, oder die Nutzbarkeit der Leistung einschränken.

Ein Rechtsmangel kann auftreten, wenn das Kunstwerk oder das kulturelle Gut mit einem Rechtsmangel behaftet ist, d.h. wenn es beispielsweise gegen Urheberrechte oder andere gesetzliche Bestimmungen verstößt. Ein Beispiel dafür wäre, wenn eine Theateraufführung ohne die notwendigen Genehmigungen oder Lizenzen aufgeführt wird oder ein Museum eine Ausstellung von Raubkunst präsentiert.

Im Falle eines Mangels hat die Käuferin oder der Käufer normalerweise das Recht, eine angemessene Abhilfe zu verlangen, wie z.B. eine Reparatur, einen Austausch, eine Rückerstattung oder einen Preisnachlass. Die genauen Ansprüche und Vorgehensweisen können jedoch je nach Land und Vertrag unterschiedlich sein.

Die (mangelhafte) künstlerische Qualität begründet in der Regel keinen Gewährleistungsanspruch, da es sich um eine sehr subjektive Wertung handelt. In der Regel sind Gewährleistungsansprüche aufgrund der künstlerischen Qualität in Verträgen explizit ausgeschlossen.

Die einzelnen Rechtsbehelfe der Gewährleistung

In Österreich regelt das ABGB (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch) die Gewährleistung von Waren und sonstigen Leistungen. Bei einem Mangel an der gekauften Ware oder Leistung stehen der Gläubigerin bzw. dem Gläubiger (Auftraggeber:in, Käufer:in) grundsätzlich vier Gewährleistungsbehelfe zur Verfügung: Verbesserung, Austausch, Preisminderung und Wandlung (Rückabwicklung des Vertrages).

1.     Verbesserung: Die Gläubigerin bzw. der Gläubiger kann verlangen, dass der Mangel an der Ware behoben wird. Dies bedeutet, dass die Schuldnerin bzw. der Schuldner die Ware reparieren oder nachbessern muss. Wenn die Verbesserung erfolgreich ist, gilt der Mangel als behoben und der Kaufvertrag wird fortgesetzt.

2.     Austausch: Die Gläubigerin bzw. der Gläubiger kann verlangen, dass die mangelhafte Ware durch eine neue, einwandfreie Ware ausgetauscht wird. Die Schuldnerin bzw. der Schuldner hat dafür Sorge zu tragen, dass die neue Ware denselben oder einen vergleichbaren Wert hat wie die ursprüngliche Ware. Auch hier wird der Kaufvertrag fortgesetzt.

3.     Preisminderung: Die Gläubigerin bzw. der Gläubiger kann eine angemessene Minderung des Kaufpreises verlangen, wenn der Mangel an der Ware nicht behoben oder ausgetauscht werden kann. Der Preisnachlass richtet sich dabei nach dem Ausmaß des Mangels.

4.     Wandlung: Wenn Verbesserung, Austausch oder Preisminderung nicht möglich oder nicht zumutbar sind, kann die Gläubigerin bzw. der Gläubiger den Kaufvertrag rückgängig machen und die Ware zurückgeben. Die Schuldnerin bzw. der Schuldner ist in diesem Fall verpflichtet, den Kaufpreis zurückzuerstatten.

Es ist zu beachten, dass die Gläubigerin bzw. der Gläubiger der Schuldnerin bzw. dem Schuldner (Auftragnehmer:in, Verkäufer:in) zunächst eine angemessene Frist zur Nachbesserung oder Austausch der Ware gewähren muss, bevor er die Preisminderung oder die Wandlung verlangen kann.

Die Gewährleistung kann vertraglich ausgeschlossen werden, es sei denn, es handelt sich um ein Konsument:innengeschäft. Hier kann die Gewährleistung nicht ausgeschlossen oder zum Nachteil von Konsument:innen (Endkund:innen) abgeändert werden.

Verjährung

Die Gewährleistungsbehelfe stehen der Gläubigerin bzw. dem Gläubiger grundsätzlich für zwei Jahre nach Übergabe der Ware zur Verfügung. Dies gilt für bewegliche Sachen. Unbewegliche Sachen (Immobilien) haben eine 3-jährige Gewährleistungsfrist. Die Frist beginnt mit Übernahme der Ware, bzw. Annahme der Leistung zu laufen.

Vermutung der Mangelhaftigkeit

Wichtig zu wissen ist, dass nur für Mängel gehaftet wird, die bereits bei der Übergabe vorlagen, auch wenn diese erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt werden. In den ersten 6 Monaten gilt eine Vermutung der (ursprünglichen) Mangelhaftigkeit, das bedeutet, dass die leistende Person beweisen muss, dass die Ware oder Leistung bei Übergabe mängelfrei war. Nach den 6 Monaten muss die Leistungsempfängerin bzw. der Leistungsempfänger beweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorhanden war (auch wenn er erst später bemerkt wurde, bzw. sich erst später gezeigt hat).

Mängelrügepflicht bei Geschäften zwischen Unternehmer:innen

Bei Verträgen zwischen Unternehmer:innen müssen allfällige Mängel bekanntgegeben werden. Das heißt, die Leistungsempfängerin bzw. der Leistungsempfänger muss die Ware oder Dienstleistung bei Übernahme prüfen, und in der Regel binnen 14 Tagen allfällige Mängel der leistenden Unternehmerin bzw. dem leistenden Unternehmer anzeigen. Sonst verfällt der Anspruch auf Gewährleistung.

Auch Künstler:innen gelten hier oft als Unternehmer:innen, insbesondere wenn sie ihre Tätigkeit hauptberuflich ausüben.